Beschluss der Richterin Dr. Judith Neuroth
Beschluss 5 O 180/16 des Landgericht Heidelberg vom 05.01.2022
Transkript
Beschluss 5 0 180/16 des Landgerichts Heidelberg vom 04.01.2022
Beglaubigte Abschrift
Aktenzeichen:
5 0 180/16
Landgericht Heidelberg
Beschluss
In dem Rechtsstreit
- Gläubiger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte GHI, Beethovenstraße 22, 68165 Mannheim
gegen
- Schuldner -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Alexander Stahl, Kleingemünder Straße 2, 69118 Heidelberg
wegen Unterlassung
hat das Landgericht Heidelberg - 5. Zivilkammer - durch die Richterin am
Landgericht Dr. Neuroth als Einzelrichterin am 04.01.2022 beschlossen:
1. Dem Schuldner wird Wiedereinsetzung in dan vorigen Stand gegen die Versäumung
der Beschwerdefrist gegen den Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 07.04.2020
gewährt.
2. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 25.05.2021 wird der Beschluss
des Landgerichts vom 07.04.2020 in Ziffer 1 aufgehoben.
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 10.08.2016 wurde dem Schuldner durch das Landgericht Heidelberg
im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes
oder Ordnungshaft untersagt, bestimmte Behauptungen wörtlich und/oder
sinngemäß zu behaupten oder behaupten zu lassen (BI. 35 ff. d.A.).
Mit Datum vom 18.04.2017 (Bl. 407 ff. d.A.) erließ das Landgericht
gegen den Schuldner wegen Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungspflicht
einen Ordnungsmittelbeschluss, den das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Beschluss
vom 26.10.2018 (Bl. 597 d.A.) auf die Beschwerde des Schuldners dahingehend
abänderte, dass gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld in Höhe von
525,- € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann,
ersatzweise Ordnungshaft von 15 Tagen festgesetzt wurde (Bl. 597 ff. d.A.).
Der Schuldner bezahlte das Ordnungsgeld nicht und hat erklärt, es auch
nicht zahlen zu können. Mit Beschluss vom 07.04.2020 hat das Landgericht
Heidelberg gegen den Schuldner Ersatzordnungshaft von 15 Tagen angeordnet
(Bl. 767 ff. d.A.). Für eine Beschwerde gegen die Anordnung der Ordnungshaft
hat der Schuldner Prozesskostenhilfe begehrt.
Mit Beschluss vom 05.05.2021 hat das Oberlandesgericht dem Schuldner unter
Beiordnung von Rechtsanwalt Stahl Prozesskostenhilfe für eine sofortige
Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 07.04.2020
bewilligt, soweit dort unter Ziffer 1 die Ersatzordnungshaft angeordnet worden
ist.
Mit Schreiben vom 25.05.2021 hat der Schuldner die Wiedereinsetzung in die
versäumte Beschwerdefrist und die Aufhebung der Anordnung der Ersatzordnungshaft
gemäß Ziffer 1 des angegriffenen Beschlusses vom 07.04.2020 begehrt.
II.
Auf die Beschwerde des Schuldners ist Ziffer 1 des angegriffenen Beschlusses
vom 07.04.2020 aufzuheben.
1. Der Abhilfeentscheidung stand nicht die Versäumung der Beschwerdefrist
entgegen. Dem Schuldner war insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren. Der Schuldner hat innerhalb der Beschwsrdefrist Prozesskostenhilfe
begehrt, die mit Beschluss vom 05.05.2021, der Betreuerin des Schuldners zugestellt
am 11.05.2021, bewilligt wurde. Der Schuldner hat mit Schreiben vom 25.06.2021,
eingegangen am selben Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt
und gleichzeitig Beschwerde gegen die Anordnung der Ersatzordnungshaft eingelegt.
Die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO steht einer Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nicht entgegen, da deren Ablauf auf der vom Schuldner
nicht zu verantwortenden Dauer des gerichtlichen Bewilligungsverfahrens beruht.
2. Die Anordnung der Ersatzhaft war aufzuheben, weil es an der für
eine Vollstreckung erforderlichen Zustellung des dieser zugrundeliegenden
(VoIlstreckungs-)Titels fehlt. Die am 25.08.2016 veranlasste Zustellung des
das - einstweilige - Unterlassungsgebot nebst Androhung von Ordnungsmitteln
enthaltenden Beschlusses vom 10.08.2016 an den Schuldner war unwirksam, da
dieser nach dem vom Oberlandesgericht im Beschwerdeverfahren 1 W 27/20 eingeholten
amtsärztlichen Gutachten zum Zeitpunkt der Zustellung prozessunfähig
war. Eine Zustellung an einen gesetzlichen Vertreter ist nicht erfolgt. Darüber
hinaus fehlt es - mangels wirksamer Zustellung des Beschlusses vom 10.08.2016
an den Schuldner - auch an einer Androhung der Ersatzordnungshaft vor dem
dem Ordnungsmittel zugrundeliegenden Verstoß des Schuldners vom 12.03.2017
gegen das Unterlassungsgebot. Etwas anderes ergibt sich selbst dann nicht,
wenn man in der Zustellung des Endurteils des Landgerichts vom 24.02.2017
(BI. 259 ff. d.A.) an den - vermeintlichen - Prozessbevollmächtigten
des Schuldners am 28.02.2017 (BI. 281 d.A.) eine erneute Androhung der Ersatzordnungshaft
sehen wollte. Denn auch diese Zustellung war aufgrund der Prozessunfähigkeit
des Schuldners unwirksam, da dieser eine - eine wirksame Zustellung tragende
- Prozessvollmacht nicht wirksam erteilen konnte.
Dr. Neuroth
Richterin am Landgericht
Beglaubigt
Heidelberg, 05.01.2022
Ziesemer
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
- ohne Unterschrift gültig