Die Stefanie-Baum-Logik

 
Sitzungsaushang Amtsgericht Heidelberg

Beispiel: Sitzungsaushang des Amtsgerichts Heidelberg am 11.12.2014


 
 
Sitzungsaushang Landgericht Heidelberg

Beispiel: Sitzungsaushang des Landgerichts Heidelberg am 11.12.2014


 
 
Jabar Immobilien

Beispiel: Sitzungsaushang betreffend Jabar Immobilien am 11.12.2014


In Heidelberg gibt es eine Amtsrichterin namens Stefanie Baum, die denkt, dass das Gericht ein Versäumnisurteil gegen eine Partei erlassen darf, wenn das Gericht einen Eintrag im Sitzungsaushang unterlassen hat und daher die Partei keinen Eintrag im Aushang vorfinden konnte.

Nehmen wir zum Beispiel den 11.12.2014. Wenn an diesem Tag das Gericht unter Verstoß gegen § 169 GVG ("Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht ist öffentlich") im Sitzungsaushang den Eintrag betreffend die Sache Jabar Immobilien unterlassen hätte und daher die pünktlich erschienene Partei, weil sie keinen Eintrag im Sitzungsaushang vorfand, unverrichteter Dinge nach Hause gefahren wäre, darf dann das Gericht ein Versäumnisurteil erlassen?

Richterin Baum denkt, dass das Gericht gegen die pünktlich erschienene Partei ein Versäumnisurteil erlassen darf.

Dies ist die Stefanie-Baum-Logik.


Die demokratische Rechtspflege sieht anders aus:

"Der Grundsatz der Öffentlichkeit gehört zu den Prinzipien demokratischer Rechtspflege. ... Das Publikum muss Kenntnis von der Durchführung der Verhandlung erlangen können" (Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, Seiten 3031 ff. zu § 169 Gerichtsverfassungsgesetz)

"Ein Hinweis auf eine bestimmte Verhandlung hat grundsätzlich in Form eines Aushangs zu erfolgen, damit jeder interessierte Zuschauer die Möglichkeit erhält, die gewünschte Verhandlung zu verfolgen" (OLG Koblenz, Beschluss 2 SsBs 144/10 vom 07.02.2011; siehe auch z.B. den Beschluss 2 BvR 1620/01 des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.2001)

"Eine Entscheidung ist stets auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen, wenn die Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind" (§ 547 Nr. 5 ZPO)

Wenn die Öffentlichkeit (z.B. die Rhein-Neckar-Zeitung oder der Mannheimer Morgen als die Presse) nicht erkennen kann, welche angeblich öffentlichen Verhandlungen am 11.12.2014 nicht im Sitzungsaushang veröffentlicht wurden, dann hat das Gericht bezüglich dieser angeblich öffentlichen Verhandlungen am 11.12.2014 gegen § 169 GVG verstoßen. "Das Publikum muss Kenntnis von der Durchführung der Verhandlung erlangen können. Der Grundsatz der Öffentlichkeit gehört zu den Prinzipien demokratischer Rechtspflege." Die Stefanie-Baum-Logik ersetzt nicht das Gerichtsverfassungsgesetz.


 
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